Mittwoch, 15. Juli 2020


"Von der Suche nach Familie, der Sehnsucht nach dem richtigen Ort und darüber, dass nichts davon planbar ist

»Ich bin mit zwei Kurts zusammengezogen. Einem ganzen Kurt und einem Halbtagskurt. Jana und Kurt haben sich entschieden, dass sie ihr Sorgerecht teilen, vor allem wenn Kurt schon extra aufs Land zieht. Und so pendelt das Kind nun wochenweise zwischen seinen beiden Oranienburger Zuhauses hin und her: zwei Häuser, zwei Kinderzimmer, unterschiedliche Regeln und alle Menschen, die er liebt.
Und dann bin da noch ich.«

Lena hat mit ihrem Freund Kurt ein Haus gekauft. Es scheint, als wäre ihre größte Herausforderung, sich an die neuen Familienverhältnisse zu gewöhnen, daran, dass Brandenburg nun Zuhause sein soll. Doch als der kleine Kurt bei einem Sturz stirbt, bleiben drei Erwachsene zurück, deren Zentrum in Trauer implodiert."

- Beschreibung des Verlags -

Ich muss zugeben, dass dieses Buch nicht meine erste Wahl meiner neusten Lektüre war. Allerdings haben mich die Kürze der Geschichte, sowie die vielen positiven Meinungen dazu gebracht, nun endlich dieses Buch zur Hand zu nehmen und nebenbei über Bookbeat zu hören. 

Mit einem schlichten, umgangssprachlichen, aber emotional auffällig neutralen Schreibstil erzählt Sarah Kuttner hier eine Geschichte, die auf mich wahnsinnig realistisch wirkte. Dabei liest sie auch selbst das dazugehörige Hörbuch, welches sie mit einer zwar gewöhnungsbedürftigen Stimme, aber mit viel Engagement gesprochen hat.

Die Geschichte rund um Lena und die beiden Kurts beginnt relativ ruhig und unaufgeregt, aber dafür sehr menschlich. Man lernt alle Beteiligten kennen, ihr Verhältnis zueinander und wie sie miteinander umgehen. Und dann, etwas nach einem Drittel des Buches kommt der große Knall, ein Knall, der zwar nicht wirklich knallt und recht emotionslos beschrieben wurde, aber dessen Tragik in der Stille, die danach folgt, mehr als genug unterstrichen wird. Dies alles hat die Autorin wahnsinnig realistisch und nachvollziehbar auf Papier gebracht. Überhaupt trägt für mich gerade diese Stille und das Gefühl des Alltäglichen, des Menschlichen, diese Geschichte. Sie braucht nicht viele unnütze Worte, keine Gefühlsduselei, keine Mitleid erhaschenden Phrasen, sondern lebt von den Emotionen zwischen den Zeilen. 

Und auch die Charaktere fand ich wunderbar menschlich und realistisch beschrieben. Lena ist eine Außenstehende, nicht die Mutter und doch keine Fremde. Genau wie alle anderen, trauert auch sie, versucht aber gleichzeitig, für den großen Kurt da zu sein. Sie hat einen denkbar schweren Job und ist dennoch auf ihre irgendwie verschrobene Weise eine tolle und nachvollziehbar geschriebene Figur. Neben ihr gehen die anderen Charaktere, außer dem kleinen Kurt, ein bisschen unter. Da hier aber gerade das Verhältnis zwischen ihr und ihrem „Stiefsohn“ im Mittelpunkt steht, störte mich das gar nicht.

Alles in allem finde ich diese Geschichte absolut gelungen und vor allem sehr realitätsnah geschrieben, ohne aber auf die Tränendrüse zu drücken. Der eine oder andere mag vielleicht Probleme mit dieser Distanz haben, doch ich fand sie genau richtig, um nicht an der traurigen Geschichte zu verzweifeln.

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