Die kleine Hester wird von ihren
fanatischen Eltern im Haus eingesperrt. Die Außenwelt sieht sie nur
durch die staubigen Fenster, wenn die Vorhänge gewaschen werden. Bis
sie sich traut, den Türknauf der Hintertür zu drehen und ins Freie
zu treten. Als sie dann auch noch, wider dem Willen ihrer Eltern, in
die Schule gehen muss, betritt sie eine völlig neue Welt, die in ihr
etwas wach ruft, was niemand mehr stoppen kann.
Sofie Laguna erzählt hier eindringlich
und sehr bildlich die Geschichte eines völlig isolierten Kindes.
Dabei begibt sie sich auf Hesters Ebene, spiegelt ihre kindliche
Sicht auf die Dinge, die rings um dieses Mädchen geschehen, in
poetischen Worten und allerhand Metaphern und Vergleichen wider.
Gegenstände werden lebendig, reden mit Hester und sie schafft sich
eine Art Traumwelt. Gleichzeitig landet der Leser in einer
erschreckenden Welt von Einsamkeit, psychischer und körperlicher
Gewalt. Und trotz dieser sensiblen Thematik schafft es die Autorin,
durchweg unverblümt und direkt zu bleiben. So ist das Buch, trotz
seiner wenigen Seiten, nicht sehr schnell weg gelesen, zieht den
Leser aber dennoch vollkommen in seinen Bann.
So ist die Geschichte sehr spannend,
obwohl sich gerade die ersten Seiten nur im Haus abspielen. Man
erlebt Hesters Alltag mit ihren Eltern, die sie nur als Belastung
ansehen, sie zum arbeiten anstellen und bei den kleinsten
Verfehlungen, die noch nicht einmal welche sind, züchtigen. Als sie
dann zur Schule geht, wird es immer interessanter. Man merkt, wie
sich in Hester etwas regt, dass sie sich verändert und auch ihre
Welt langsam anders wahrnimmt. Das alles hat mir sehr gut gefallen
und ich konnte nicht anders, als weiter zu lesen, auch wenn es mir ab
etwa der Hälfte des Romans ein bisschen zu undurchsichtig wurde.
Irgendwann fiel es mir an manchen Stellen wirklich schwer, den
Gedanken Hesters und ihren Wahnvorstellungen (ich würde es als
solche bezeichnen) zu folgen. Was dann beinahe am Ende des Buches
geschieht, ist unglaublich und schrecklich, jedoch irgendwie
absehbar. Trotzdem blieb mir förmlich der Mund offen stehen und ich
war sehr erschrocken, wenn ich es auch verstehen konnte. Umso
glücklicher war ich dann über das endgültige Ende der Geschichte.
Was die Charaktere angeht, so hat es
die Autorin hier geschafft, diese sehr realistisch und
nachvollziehbar zu gestalten. Hester ist so unschuldig, entwickelt
sich aber zu jemandem, den man zwar nicht greifen kann, aber dennoch
verstehen. Sie lebt in ihrer eigenen Welt und auch als Erwachsene
wirkt sie durch alles, was ihr geschehen ist, noch immer sehr
kindlich, allerdings auf eine Art und Weise, die genau zu ihrem
Charakter passt. Was ihre Mutter angeht, so fand ich diese von Anfang
an verabscheuungswürdig. Sie bringt den Beweis dafür, dass Glaube
ohne Liebe nichts wert ist und alle Rationalität verloren geht.
Hesters Vater tat mir anfangs noch eher leid, da ich dachte, er würde
sie doch auf irgend eine Weise lieben, könnte sich aber nicht
gegenüber der Mutter durchsetzen. Das änderte sich aber schnell,
denn von Liebe kann hier keine Rede sein. Im Gegenteil versteckte
sich hinter seinem Handeln nur noch mehr Schrecken. Richtig toll fand
ich Mary, Hesters erste Freundin aus der Schule und Norma, ihre
zweite, richtige Freundin, die sie später kennenlernt. Beide sind
einzigartige Charaktere und einfach toll. Sie akzeptieren Hester so,
wie sie ist und genau das braucht sie.
Ich hätte nie gedacht, dass mich
"Lichterloh" so packen könnte und mir so unter die Haut
geht. Es hat zwar für mich ein paar wirklich kleine Schwächen, aber
das sollte niemanden davon abschrecken, es zur Hand zu nehmen. Denn
es besticht mit einer solchen Intensität, dass man es nicht mehr
weglegen mag.


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